Der Dornseiff

Lässt sich der individuelle Stil trainieren? Gibt es einen Kanon unverzichtbarer Handbücher für professionell und leidenschaftlich Schreibende? Eine persönliche Note ist das unweigerliche Ergebnis lebenslangen Lesens und Schreibens, so weit, so nachvollziehbar. Sicher gibt es zahllose Fibeln, die den Lernwilligen das schöne und vermeintlich kreative Schreiben nahebringen wollen. Doch wer Vieles und Verschiedenes liest und schreibt, wird sich die Übungen zur Ausformung des Klangs schon selbst auferlegen. Da gelte das Motto: Dranbleiben!

Zwei Namen seien hier ausgerufen, Pflicht und Kür gewissermaßen. Der Duden sollte in Reichweite eines jeden Schreibtisches stehen; sicher jene Bände zur Rechtschreibung, zur Grammatik, zum Stil und zur Herkunft. Das Fremd- und das Synonymwörterbuch, die Sammlung der Redewendungen und jene der Zitate und Aussprüche machen sich ebenfalls gut. Auf diesem Fundament, wenn es denn regelmäßig beansprucht wird, lässt sich trefflich aufbauen. Und wer dann noch den Dornseiff sein Eigen nennt, kann nimmer verloren gehen im Ozean der Sprache.

Dieses Buch, im Untertitel „Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen“ geheißen, wurde 1934 erstmals veröffentlicht und liegt aktuell in überarbeiteter, achter Auflage (von 2004) vor. Der Philologe Franz Dornseiff (1888 – 1960) war nicht so vermessen zu glauben, den Stand der deutschen Sprache verbindlich abgebildet zu haben; sein unschätzbares Verdienst besteht im Ziehen von Querverbindungen zwischen einzelnen Wörtern, ihren Feldern und Bedeutungen. Man wird sein Werk nicht nur konsultieren auf der Suche nach einem sinnverwandten Wort für ein häufig verwendetes. Man greift vielmehr zum Dornseiff, um die exakte Verwendung eines Substantivs (Verbs, Adjektivs) über den Einzelfall hinaus zu treiben – es sind die Assoziationen, die die Lemmata mit ihren Worthaufen auslösen, die das eigene Schreiben befruchten und verschönern. Dergestalt wird man auf Schmuckstücke stoßen, von denen man vergessen hatte, dass man sie kennt.