Eden

Das menschliche Leben beginnt gemäß des Alten Testamentes im Garten Eden: „Dann legte Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der Herr, ließ aus dem Ackerboden allerlei Bäume wachsen, verlockend anzusehen und mit köstlichen Früchten, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.“ (Gen 2,8-9) Dieser Garten Eden, synonym zum Paradies (vom altpersischen paridaida, dem Lustgarten) verwendet, ist ein Ort des wunschlosen Glückes; Adam und Eva brauchen nichts weiter zu tun, als umherzugehen, erlaubte Früchte zu genießen und sich des sorglosen Daseins zu erfreuen.

Was sie verloren haben, wird dem Mann und der Frau erst nach dem Sündenfall klar: Gott vertreibt sie aus dem Paradies und bereitet ihnen in der Folge große Mühsal. Der Mann muss im Schweiße seines Angesichtes dem Ackerboden das Korn für das Brot abringen, die Frau wird unter Schmerzen Kinder gebären (Gen 3,16-19). Das menschliche Elend mit harter Arbeit, Konkurrenz, Gier und Missgunst nimmt hier seinen Anfang. Eden ist das mythische Reich, das noch ohne Trennung von Gott definiert war und zugleich weiter wirkt als Utopie und Verheißung.

Bei der gerade laufenden Fußball-WM in Russland gibt es einen Spieler, der auf den magnetischen Vornamen „Eden“ hört. Im belgischen Team, das es bis in die Vorschlussrunde geschafft hat, ist er zuständig für die kreativen und verblüffenden Momente im Spiel nach vorn. Er ist schnell und wendig, kann den störrischen Ball eng am Fuß kontrollieren, hat eine panoramaweite Übersicht für seine Mitspieler und ist obendrein torgefährlich. Er strebt nach Vollkommenheit und agiert so wertvoll, dass er im Garten Eden sicher in eine Startelf berufen worden wäre.

Doch damit nicht genug: Eden trägt auch noch den sprechenden Nachnamen „Hazard“, was im Englischen so viel wie Zufall, aber auch Wagnis bedeutet (die arabische Wurzel az-zahr meint den Würfel zum Spielen). Der Wallone Hazard spielt mit dem populären Fußball ein Spiel, das bei aller Kommerzialisierung und Verwissenschaftlichung offen geblieben ist für das Scheitern des eigenen Bemühens, für die geglückte Finte des Gegners, für das Pech in Gestalt vergebener Gelegenheiten. Der Zocker, also der Hasardeur, weiß das – und schätzt seine Chancen zu gewinnen höher ein als die des Opponenten.

Eden Hazard ist in der beneidenswerten Lage, sich niemals Gedanken über einen Künstlernamen machen zu müssen. Auch mögliche kommende Ehrentitel zur Charakterisierung seines Auftritts sind in seinem Taufnamen bereits enthalten. Er steht zum einen für die schiere Freude am Spiel um des Spieles willen, das in der Kindheit angelegt ist und im Wachstum verloren zu gehen droht; er steht zum anderen für das Vertrauen, dass alles schon gut ausgehen werde, wie hoch auch der Einsatz sein möge. Die Summe beider Namen darf man Glauben nennen.