An Ostern, dem höchsten christlichen Fest, feiern die Christen die Passion, das Sterben und die Auferstehung Jesu. Der den Verstand übersteigende Triumph des Lebens über den Tod bezeichnet über alle Konfessionsgrenzen hinweg das Geheimnis des Glaubens. In den 50 Tagen zwischen Ostern und Pfingsten liegen mehrere Erscheinungen des Auferstandenen, geschehen seine Verklärung und Himmelfahrt. Endlich verstehen die Jünger die Worte und Taten Jesu, sie ziehen aus und verkünden sie in alle Welt.
Beim Mahl von Emmaus (Lk 24,13-35) erscheint Jesus den Jüngern, nachdem zuvor Maria, Johanna und Magdalena sein Grab leer vorgefunden haben. Er gesellt sich zu zwei Wanderern auf dem Weg in das Dorf Emmaus und hört ihr Klagen über die Hinrichtung Jesu. Sie wissen nicht, wer da mit ihnen den Weg teilt, fühlen sich aber durch die Gegenwart des Fremden und sein Deuten der Schrift in ihrer Trauer getröstet. Als der Abend hereinbricht, bitten sie ihn, doch bei ihnen zu bleiben. Beim gemeinsamen Essen in der Herberge segnet der Unbekannte das Brot und ihnen gehen die Augen auf: In dem Moment, als sie Christus erkennen, verschwindet er aus ihrer Mitte.
Diese zu Herzen gehende Geschichte, traditionell am Ostermontag im Gottesdienst gelesen, markiert die Gegenwart des Göttlichen in der profanen Welt. „Emmaus“ als Zitat des Letzten Abendmahles offenbart einen Gott, der sich unter den Menschen aufhält und von diesen nicht zu erfassen ist, zu wunderbar ist seine Macht über den Tod. Der Evangelist Lukas gibt sich bei der Schilderung der Erscheinung als sachlicher Chronist, über die Gefühle der Jünger schreibt er nichts; der Maler Caravaggio hingegen stellt diese Szene in größter Bewegung dar, die Männer wollen vor Schreck vom Tisch aufspringen, so sehr trifft sie der Auferstandene in der Seele.
Die Begegnung von Emmaus stellt ein Paradox dar, wirkt doch Jesu Erscheinung wie ein Beleg dessen, was bar jeder Logik geglaubt werden soll. Ängstlich hadern die Menschen mit dem Un-Glaublichen der Botschaft Christi; dieser passt sich ihrer Beschränktheit an und zeigt sich ihnen in Emmaus und andernorts in menschlicher Gestalt. Ihre an die Anderen weitergegebene Gewissheit der Auferstehung Jesu lässt aus Jüngern Apostel werden, und Paulus kann gelassen fragen: „Tod, wo ist Dein Sieg?“ (1. Kor 15,55) Die frühen Zeugen sind notwendig, damit die Abwesenden glauben können, so die Botschaft des Mahles von Emmaus.