Der Begriff „Kloster“ gehört seit dem 10. Jahrhundert zum Standardwortschatz des Mittelhochdeutschen; er ist dem früh-romanischen clostrum, dem Abgeschlossenen, entlehnt, welches wiederum auf das Lateinische claudere, schließen, zurückgeht. Diese Bedeutung ist bis heute erhalten, wird das Kloster gemeinhin als Rückzugsort, ja als Gegenentwurf zur geschäftigen Welt aufgefasst.
Tatsächlich suchten die frühen christlichen Orden traditionell abseits von Wirtschaft und Gesellschaft die Einsiedelei, um sich ungestört dem Beten, der Subsistenz und der Kontemplation widmen zu können. Der Berg, der Wald, die Wüste und das Eiland garantierten nicht nur die ersehnte Ruhe, sondern dienten auch dem Schutz vor Plünderern, Verbrechern und marodierenden Soldaten.
Die Klöster wurden im Mittelalter zur Keimzelle dessen, was später Bildung und Erziehung genannt wurde. Philosophische, theologische und medizinische Texte wurden kopiert, lange vor dem Buchdruck entstanden erste Bibliotheken, Wissen wurde fortan konzentriert und war durch seine Verschriftlichung leichter zu verbreiten. Klöster avancierten dergestalt zu einer Vorform der Universität.
Darüber hinaus stellten die christlichen Klöster für die dort lebenden Mönche und Nonnen eine Daseinsvorsorge dar – um den Preis von Armut, Gehorsam und Keuschheit. Der quasi militärische Verzicht auf Privatsphäre und Besitz gab den Klöstern ein kommunistisches Gepräge: „Keiner nannte etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie hatten alles gemeinsam.“ (Apg 4,32)
Heute wirken Klöster wie Inseln der Zweckfreiheit in einem Meer kapitalistischer Verdinglichung. Bei aller Distanz zur rationalen Welt stehen ihre Tore offen für Jene, die sich eine Pause von der ewigen Konkurrenz gönnen wollen. Sie finden seelsorgerische Unterstützung, werden gehalten in der Trauer, meditieren im Geist der Mystiker und lassen sich tragen von gregorianischen Gesängen.
Eine Einzeit im Kloster ist geeignet, die Perspektive umzukehren: Ist nicht „draußen“ die Entfremdung von Seele, Geist und Körper weiter fortgeschritten als hinter den Mauern mit den archaischen Regeln und der überkommenen Kleidung? Verdeckt das permanente Getöse der Medien nicht bloß notdürftig die Leere im Alltag? Hilft das temporäre Schweigen nicht kolossal, genauer zuzuhören?
Das Kloster ist kein theatralischer Mummenschanz, noch sollte man es idealisieren: „Darin findet das wirkliche Leben statt, und unser Zusammenleben bedarf wie überall immer wieder der Vergebung und der Versöhnung“, wie es der Abt der Benediktinerabtei Gerleve formuliert. Die klösterliche Verheißung an die Welt lautet, dass man im Sehnen nach göttlicher Gnade nicht allein bleiben muss.