Pressefreiheit

Nein, es gibt kein Erwachen aus einem bösen Traum, die bizarre Show des Donald Trump in Washington geht weiter. Mit Verbissenheit macht er sich daran, seine Versprechen aus dem Wahlkampf umzusetzen, wie es sein informeller Berater Stephen Bannon jüngst bekräftigt hat. Dabei teilt der US-Präsident die Welt in Gut und Böse, in Freunde und Feinde. „Die Medien“ sind für ihn die Opposition, professionelle Journalisten beschimpft er pauschal als „schlechte Menschen“.

Trauriger Höhepunkt des Wütens Trumps war der Ausschluss der Korrespondenten von CNN, der New York Times und des britischen Guardian von einem Briefing im Weißen Haus in der vergangenen Woche. Diese weltweit renommierten Redaktionen wurden ohne Begründung des Raumes verwiesen, während der rechte Blog Breitbart, der vom Trump-Intimus Bannon geleitet wurde, Ohr, Zeit und Gunst des Präsidenten und seiner PR-Abteilung bekam.

Wäre es nicht so unheimlich, könnte man über diese Paranoia lachen. Aber Trump ignoriert die elementaren Spielregeln einer modernen Demokratie, nach denen die unabhängige Presse politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Prozesse kritisch begleitet. Gerade in den USA hat das Recht auf freie Meinungsäußerung eine lange Tradition, hier haben Journalisten besondere Auskunftsansprüche gegenüber Behörden. Oder galt das für die Prä-Trump-Ära?

Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 (von den USA unterzeichnet) kodifiziert das Recht auf freie Meinungsäußerung, das die Freiheit umfasst, „Informationen und Ideen mit allen Kommunikationsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten“. Auf der Rangliste zur Pressefreiheit von 2013 von Reporter ohne Grenzen rangieren die USA auf dem 32. Platz, unter Trump dürften sie weiter abrutschen. (2017 notierten die USA auf besagter Liste auf Rang 41.)

Es zählt zu den Techniken autoritärer Regime, dass sie das Volk über gleichgeschaltete Meldungen kontrollieren. Dazu werden Journalisten bedroht, eingeschüchtert, inhaftiert und getötet. Derlei passiert in der Türkei, in China und in Russland, aber Trumps Ausfälle weisen in diese Richtung. Er weigert sich zu akzeptieren, dass es im Sinne einer freien Gesellschaft ist, dass Journalisten schreiben und senden, was sie sehen und hören – und nicht, was ihnen die Machthaber sagen.

Gerade die inkriminierten CNN, New York Times und Guardian beherrschen das journalistische Handwerk; sie haben hartnäckige Rechercheure, kluge Analytiker, wache Reporter und scharfsinnige Kommentatoren. Sie prüfen ihre Quellen, fragen nach, trennen zwischen Nachricht und Meinung und nehmen ihre Leser ernst, die sich selbst ein Urteil bilden wollen und sollen. In der Trump-Welt ist das bereits eine Überforderung, wo man auf Lügen und Fiktionen setzt.

Medienberaterin Kellyanne Conway hat sich kürzlich lächerlich gemacht, als sie bei CNN von einem exzellent präparierten Redakteur über die ominösen Fake News zur Amtseinführung Trumps einem Verhör unterzogen wurde; am Ende, als sie sämtliche Vorwürfe gegenüber CNN und anderen Qualitätsmedien als haltlos zugeben und zurückziehen musste, wimmerte sie wie eine ertappte Ladendiebin. Und solche Blender treten im Namen des Präsidenten vor die Kamera.

Dem Orwell-Konzept der „alternativen Fakten“ müssen „die Medien“ präzise aufbereitete Berichte über Hintergründe und Zusammenhänge entgegensetzen. Es waren Reporter der Washington Post, die 1973 die Watergate-Affäre aufdeckten, die Präsident Richard Nixon zum Rücktritt zwang. Sollte Trump erneut einzelne Korrespondenten von einer Pressekonferenz ausschließen, sollten die anderen Kollegen in einem Akt der Solidarität diese boykottieren. Freedom dies by inches.