Wenn Journalisten politische Sachverhalte lebendig und packend darstellen möchten, benutzen sie bevorzugt Begriffe aus dem sprachlichen Feld des Sports. Eine Wendung à la „Putin setzt EU unter Zugzwang“ nimmt Anleihen beim Schach; sie meint, dass das Verhalten des russischen Präsidenten die EU unter einen besonderen Handlungsdruck setze, dass eine komplizierte Entscheidung mit möglicherweise unangenehmen Folgen in einem schwierigen Zusammenhang bevorstehe.
Dumm nur, dass das schöne deutsche Wort Zugzwang, das auch Einzug ins Englische und Französische gefunden hat, im Rahmen einer Schachpartie etwas anderes meint als das Gedrängtwerden zum Handeln. Wer im Schach unter Zugzwang steht, kann, egal, was er tut, die eigene Stellung nur verschlechtern. Der Begriff beschreibt eine Situation im Ausmaß antiker Tragödien, wo jede Wahl zum Desaster führt. Anders als im Schach, wo es neben dem Recht des Zuges auch die Pflicht dazu gibt, werden in der Politik Entscheidungen oft durch Wegschauen, Bagatellisieren und Aussitzen getroffen. Das sollten die Medien dann auch so benennen.