Im „Zweifel“ steckt das Zahlwort Zwei, er markiert zunächst neutral eine Alternative, eine Wahl zwischen potenziell richtigen Möglichkeiten, auch die damit verbundene Verantwortung für die unabdingbare Entscheidung. Dem Zweifel benachbart sind das Zögern, das Harren, die Frage, die Spaltung.
Der Zweifel ist einer der tragenden Begriffe abendländischer Rationalität. Durch das Infragestellen des Offensichtlichen und Bewährten öffnet sich der Raum für Erkenntnis und Fortschritt; Gegenbegriffe zum Zweifel sind die Gewissheit, die Sicherheit, die Entschiedenheit, vor allem aber der Glaube.
Im religiösen Kontext ist Thomas, in der Tradition der Ungläubige genannt, der Prototyp des Zweiflers, der erst glaubt, wenn er sich auf Empirie stützen kann (Joh 20,24-29). Für ihn ist die Ratio entscheidend; er traut sich nicht zu glauben, was seinen Verstand und seine Erfahrung von Wirklichkeit übersteigt.
Glaube kommt ins Spiel, um (besser) zu verstehen, wenn es absurd wird. In einer Welt, die dem Messbaren inmitten gewaltiger Datenmengen höchste Evidenz zuspricht, kommt dem Glauben die Kraft einer subversiven Tugend zu. Zweifel und Glaube beziehen sich dialektisch auf die Grenzen des Wissens.