Die Aussage, jemand verhalte sich authentisch, kommt heutzutage einem hohen Lob gleich. Der so nobilitierten Person wird bescheinigt, sie sei echt, natürlich, unverstellt und verfüge über eine außerordentliche Glaubwürdigkeit, die die eines inszenierten Auftritts um Längen übersteige. Problematisch nur, dass kein korrekter Gegenbegriff zum Authentischen existiert.
Das Mißverständnis ist ein kommunikatives: Um die unterstellte Authentizität beglaubigen zu können, bedarf es eines Beobachters. Kommunikationen finden immer in Gesellschaft statt oder gar nicht. In diesem Sinne gibt es keinen vorsozialen Zustand, der rein oder eben: authentisch genannt werden könnte. Wenn man also einen Menschen markieren möchte, spreche man vielleicht von rauh, unangepasst oder gar rebellisch. Aber um Gottes Willen nicht von authentisch. Es sei denn, man erfreue sich an Paradoxien.