Handwerk

Die genaue Bedeutung eines Begriffes ergibt sich seiner scheinbaren Klarheit zum Trotz oft erst aus der Präzisierung im Kontext. Das „Handwerk“ steht im Mittelhochdeutschen für ein Gewerbe, das in einer Zunft oder einer Gilde organisiert ist, vornehmlich zum Zwecke der Marktabschottung. Bis ins 18. Jahrhundert wird es als Synonym für das Gewerk benutzt, das die Teilhabe an einem Bergwerk meint. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts werden beide Begriffe auch auf andere Branchen ausgedehnt.

Vom Handwerk ist in der Gegenwart die Handarbeit deutlich zu scheiden, obwohl beide Termini im Mittelalter gleichlautend verwendet wurden. Während jenes für das Tischlern, das Malern, das Backen oder das Schmieden gilt, zielt diese auf das Stricken, das Sticken oder das Häkeln. Hier verläuft die Differenz entlang des Berufs zum Zeitvertreib: Das Werk klingt männlich wichtig, die Arbeit weiblich schmückend. Das Œuvre wird eindeutig höher geschätzt als die Arbeit – so wird etwa vom Werk eines Künstlers in Bezug auf sein gesamtes Schaffen gesprochen.

Das Handwerk wird im digitalen Zeitalter mit seiner paradoxen Sehnsucht nach dem Ursprünglichen als Ausdruck einer Tradition gefasst, die einen Wert an sich vermittelt, was sich an den Redewendungen rund um den Terminus ablesen lässt: Jemandem ins Handwerk pfuschen respektive das Handwerk legen oder auch sein Handwerk verstehen. Weiter gehören zum Handwerk das Klappern und der goldene Boden. Dem fertigen Produkt der tätigen Hände haftet etwas Ehrliches, Unvermitteltes an, das per se Anerkennung verdient.

Gleichwohl steht das Handwerk in der Hierarchie der Professionen in Konkurrenz zur akademischen Kopfarbeit, erst recht, seit der kleine Manufaktur-Betrieb durch eine anonyme Industrie ersetzt worden ist. Im Vergleich zu dieser gilt es als anstrengend, schmutzig und monoton. Wenn etwa von kreativen Berufen die Rede ist, sind jene abstrakten Tätigkeiten gemeint, die durch Denken, Überlegen und Sprechen gekennzeichnet sind. Dessen ungeachtet ist der Erbauer (m/w/d) einer Geige ebenso schöpferisch tätig wie der Komponist und der Interpret einer Sonate – das Instrument bleibt, das Musikstück ist volatil.